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Grandiose serbische Gastfreundschaft

Veröffentlicht am 05.08.2013, 17:07 Uhr in Sofia, Bulgarien

Betreff: Vranje – Sofia, Serbien/Bulgarien


Nach Skopje hieß unser nächstes (und letztes) Ziel beim Hauptstädte-Hopping Sofia. Nach Sofia muss man nur einen kleinen Umweg machen, um noch durch Serbien zu kommen und den nahmen wir in Kauf, um ein weiteres Land zu besuchen. Zwei Nächte verbrachten wir so in Serbien und obwohl wir in keinem Land kürzer waren, ist in dieser Zeit verdammt viel passiert:

Aus Richtung Süden fuhren wir nach Vranje. Einige Kilometer südlich von der Stadt liegt mitten in der Pampa ein Camping-Platz. Offensichtlich lebt der vor allem von Durchreisenden, denn Urlaub macht in dieser Gegend sicher kaum jemand. Auf dem Weg zum Campingplatz fuhren wir mal wieder durch Dörfer, die man nun durchaus als „arm“ bezeichnen kann.

Der Campingplatz hingegen ist einer der besten, auf dem wir bisher waren: Zwischen Blumenbeeten und sauber gestutzten Bäumen liegen Flächen besten englischen Rasens. Nur wenige Zelte stehen dort rum und wir können den Platz für unser Zelt frei wählen. Nach dem Zeltaufbau bekommen wir erstmal eine Cola, die aufs Haus geht. Für den unheimlich sympathischen jungen Serben, der den Campingplatz führt, ist es kein Problem, dass wir unser eigenes Zeug auf den Tischen des angeschlossenen Restaurants essen. Am Nebentisch stehen gerade ein paar Leute auf und lassen auf den Platten ein paar Würstchen. Cevapcici und Fleisch zurück. „Ohhhh, das könnte er doch jetzt uns noch hinstellen“, träumen wir. Doch ein älterer Herr räumt den Tisch ab, ohne uns zu fragen. Wir packen also doch unsere Brote aus, gerade als der junge Serbe an den Tisch tritt: „Do you want some salate? And I have some meat left? I could throw it away or give it you, so if you want …“

Zu alledem hat der Campingplatz noch einen Pool, und so kommen wir am nächsten Morgen erst etwas später los. Am Vlasina-See ist der nächste Campingplatz eingezeichnet. Das sind zwar nur 60 km, aber am See kann man sicherlich ein bisschen früher ankommen. Wir verschieben daher die Ankunft in Sofia um einen Tag; eigentlich wollten wir bereits gestern ankommen.

Diese Entscheidung erweist sich als sinnvoll: der See liegt auf einer Hochebene, davor geht es also ganz schön bergauf. Auch wegen dem Pool am Morgen kommen wir erst um fünf Uhr am See an und fahren daran entlang um den Campingplatz zu finden. Am See haben einige Serben ihre Zelte aufgeschlagen, ohne, dass das nach einem Campingplatz aussieht. Wir entscheiden, unseres dazu zustellen, vielleicht haben wir mal wieder Glück und bekommen was von ihrem Grillgut ab. Wir fragen erst mal nach, ob wir hier auch zelten können: Klar, kein Problem. Als unser Zelt steht, kommt einer der Serben nochmal auf uns zu, mit großen leuchtenden Augen, doch alles was er dabeihat, ist eine Plastikflasche mit Schnaps. Das Zeug brennt dermaßen im Hals; auch ohne hohe Ansprüche: Eine Cola wäre uns lieber gewesen. Nach unserem Wasser-und-Brot-Abendessen legen wir uns schon früh schlafen.

Punkt Mitternacht wache ich auf und muss pinkeln. Als ich zurück zum Zelt komme, fängt mich der Serbe mit dem Schnaps ab, ob ich noch zu ihnen ans Feuer sitzen wolle. Also gut, warum eigentlich nicht. Mehr als ein paar Brocken Englisch kann zwar keiner am Feuer, aber es ist dennoch recht lustig. Schließlich diskutieren die Serben am Feuer darüber, was „gladan“ auf Englisch heißt. Irgendeiner scheint es zu wissen, und man fragt mich: „hungry?“ Auf diese Frage antwortet man auf einer Radreise nie mit „nein“. Der Serbe holt noch das Fleisch, das von ihrer Grillaktion übriggeblieben ist und ich hole Fabian aus dem Zelt, der sich das sicher auch nicht entgehen lassen will.

Die Serben waren offensichtlich nicht hungry gewesen, denn sie hatten doch einige Stücke Fleisch für uns bei Seite gelegt. Dazu kriegen wir noch Brot und Cola serviert. Ein Mitternachtsmahl! Um halb zwei gehen wir nun endgültig ins Bett und schlafen unter einem fantastischen Sternenhimmel, der sogar die Milchstraße erahnen lässt, ein.

Am nächsten Morgen haben wir keine Vorräte mehr und fahren daher ohne Frühstück ab. Nach einigen Kilometern kommt ein kleiner Laden und nach 15 Tageskilometern vespern wir vor den Zäunen von ein paar Grundstücken. Wir packen gerade wieder zusammen, als eine Frau und ihre Tochter, die nur wenige Jahre älter ist, als wir, an uns vorbeilaufen. Die Mutter spricht uns auf Serbisch an. „English“, antworten wir. Die Tochter kann sehr gutes Englisch und übersetzt. Ob wir Wasser wollen? Ja, tatsächlich waren unsere Wasservorräte allmählich leer (wir konnten in dem Laden nicht so viel kaufen, weil uns das serbische Geld ausgegangen ist). Wir folgen den beiden durch das Gartentor und werden auf der Veranda auf ein paar Stühle gedrückt. Ob wir Erdbeersaft wollen? Nagut, gerne, Wasser hängt uns zum Hals raus und da wir von Skopje nun vier Tage bis Sofia fahren haben wir auch Zeit genug. Ob wir Wassermelonen wollen? Ein Berg von Wassermelonen steht kurz darauf auf dem Tisch. Ob wir Kaffee, Tee oder Milch wollen? Kaffee mögen wir beide nicht, aber Tee oder Milch ist okay. Mittlerweile ist noch die 18-jährige Schwester der Tochter aus dem Haus erschienen und setzt sich dazu. Die Mutter rennt lachend in der Gegend rum und scheint alle möglichen Leute zusammenzutrommeln. „I sat on the toilet and she called me: Hey, come, there are some guys from Germany travelling by bike!“, erzählt zum Beispiel der Ehemann der Cousine, die ebenfalls am Tisch Platz genommen hat – neben einem weiteren Familienmitglied, ein studierter Fotograph und Möbeldesigner (ein Beruf, den man ihm auch deutlich ansieht).

Ob wir noch Kekse zum Tee wollen? Und so plaudern wir bei Keksen mit der serbischen Bildungsschicht (alle haben studiert oder wollen studieren) im besten Englisch (Ob wir noch Brote mit Schinken, Käse und Tomaten wollen?) über unsere Reise und unsere Berufe/Berufsziele und hauen uns dabei die Wampe voll. Es ist wirklich eines der lustigsten und interessantesten Gespräche auf dieser Reise, obwohl man merkt, dass diese Leute nicht sehr konservativ, sondern in ihrem Gedankengut uns sehr ähnlich sind. Die studierten Serben unterscheiden sich eben nicht mehr sehr von uns.

Ob wir noch Apfelkuchen auf den Weg mitnehmen wollen? Und ein paar serbische Kekse? Ja, Serbien meint es gut mit uns und es ist beinahe schade, dass wir nur so kurz in diesem Land verweilt sind …

Bulgarien bedeutet zwei Umstellungen: Erstens wird die Uhr eine Stunde nach vorne gestellt (ein weiterer Grund, nicht in drei Tagen nach Sofia zu fahren, da uns noch eine Stunde verloren ging). Und zweitens vertauschen die Bulgaren Nicken und Kopfschütteln. Sowas Beknacktes! Was fällt denen eigentlich ein? Selbst wenn man das weiß (und Fabian wusste es zum Glück): Man kann sich daran nicht gewöhnen. Und so kauft Fabian eine Plastiktüte, obwohl er eigentlich keine wollte und der Mann, den wir nach dem Weg fragen, guckt ziemlich irritiert drein, als wir auf seine Erklärungen hin nicken und dann lachend den Kopf schütteln, als wir unseren Fehler bemerken. Da sind sie aber selber schuld, die Bulgaren … warum nicht auch gleich oben und unten vertauschen? Oder auf der linken Straßenseite fahren? Mal gespannt, zu was dieses Nicken noch so führen wird …

Einmal haben wir in Bulgarien noch wild gecampt und sitzen jetzt in Sofia in einem Hostel. Über die Stadt werden wir morgen noch mal was posten … bis dahin: Grüße von Fabian und Tizian



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