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Ich bin wieder zurück in Kathmandu, heute Abend landet Valentin am Tribhuvan International Airport, wie der Flughafen von Kathmandu offiziell heißt. Es ist nun auf der einen Seite ein bisschen blöd, in der Zwischenzeit die Sehenswürdigkeiten Kathmandus ohne Valentin abzuklappern, auf der anderen Seite will ich den ganzen Tag bis zu seiner Ankunft ja auch nicht im Hostel verbringen.
Ich beschließe, den Zufall entscheiden zu lassen, ob ich zu meiner ausgesuchten Sehenswürdigkeit komme oder nicht, indem ich nicht das Taxi nehme, sondern mich erneut an dem Bussystem versuchen will.
Ich schlendere durch die kreuz und quer auf einem staubigen Platz stehenden Busse. Im Sekundentakt fahren Busse ein und aus. Doch ich habe Glück: Aus einer Bustür schaut ein junger Mann heraus und fragt, ob er mir helfen kann. Ich sage, wo ich hinmöchte und zufällig ist das schon der richtige Bus. Ich steige ein und kurz darauf schlängelt sich der Bus aus dem Busbahnhof. Im Verkehrschaos von Kathmandu stehen wir mehr, als wir fahren. An den Haltestellen steigen immer mehr Nepalesen zu und drängen sich bald im Mittelgang.
Als meine Haltestelle an die Reihe kommt (das sehe ich auf meinem GPS-fähigen Handy), stehe ich auf und zwänge mich durch den vollgestopften Mittelgang nach vorne; gerade noch rechtzeitig komme ich an der Tür an.
Ziel war der große Buddha-Stupa, rund fünf Kilometer vom Zentrum Kathmandus entfernt. Auch dieser Stupa soll durch das Erdbeben 2015 beschädigt worden sein. Dies erkenne ich allerdings nur an den gestiegenen Eintrittspreisen für das Areal, die angeblich zur Reparatur des Stupas nötig sind. Der Stupa selbst sieht aus wie neu.
Der Stupa gehört mit einer Höhe von 36 Metern zu den größten der Welt. Er ist mindestens 1500 Jahre alt – was man ihm aber nicht ansieht, da er jährlich neu gestrichen wird – und soll Reliquien eines Buddhas enthalten. Er ist eine wichtige buddhistische Pilgerstätte, auch wenn die Heiligkeit des Bauwerks ein wenig an den touristischen Geschäften ringsum sowie daran leidet, dass es direkt in der Einflugschneise des Flughafens steht und immer wieder Flugzeuge in geringer Höhe darüber hinwegdonnern.
Ein Stück fahre ich noch mit dem Bus wieder zurück, steige aus und laufe den restlichen Weg zum Flughafen. Der direkte Weg führt quer über das Pashupatinath-Gelände, eine religiöse Stätte, an der Nepalesen ihre Toten verbrennen und die Asche in den Fluss werfen. Leider ist Nepal jedoch bei Weitem zu touristisch, als dass man eine solche Gelegenheit, Eintritt zu verlangen, nicht nutzen würde – und wir reden hier nicht von nepalesischen Preisen, sondern von fast acht Euro.
Also umrunde ich das Gelände an dessen Außenmauer. Nach ein paar hundert Metern finde ich einen schmalen, etwas spelunkigen Weg, der zum Fluss führt und schlage ihn auf gut Glück ein. Die Wellblechhütten und vor allem der dreckige Fluss erinnern ein wenig an einen Slum. Das Bedürfnis, hier nach meinem Tod verbrannt und in diese versiffte und vermüllte, schwarz-braune Brühe geworfen zu werden, entwickelt sich bei mir nicht. Ein paar Meter neben mir stehen ein paar Jugendliche. Wenn man als Tourist irgendwo überfallen wird, dann hier und von diesen Jugendlichen, denke ich mir. Allerdings beachten sie mich gar nicht; sie sind offenbar damit beschäftigt, einen Konflikt beizulegen, indem einer der Beteiligten ein gutes Dutzend saftiger Ohrfeigen verpasst bekommt, während er von einem Dritten am Schlafittchen in Position gehalten wird.
Ich laufe den Weg zurück und dann weiter zum Flughafen. In einem „Family and Friends Room“ kann man die ankommenden Passagiere durch eine Glasscheibe beobachten und schließlich beobachte ich auch Valentin.
Am nächsten Tag (das wäre dann tatsächlich heute) müssen wir wieder die übliche Bürokratie zu Trekking-Permits erledigen, ehe wir tags darauf den Bus nach Besisahar nehmen wollen, dem Beginn des Annapurna-Circuits.
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