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Auf dem Kyanjin Ri

Veröffentlicht am 19.03.2018, 00:31 Uhr in Kyanjin Gompa, Nepal

Betreff: Langtang – Kyanjin Gompa


Falls die Betten wieder so hart sind wie letzte Nacht, können wir ja die Matratze des Nebenbettes auch noch auf unsere eigene Matratze legen, beratschlage ich mich mit der Britin beim Abendessen. Ich habe „Potatoes with Cheese and Butter“ bestellt und bekomme Potatoes with Cheese and Butter – auf drei unterschiedlichen Tellern. Die Butter ist Yak-Butter und schmeckt recht … gewöhnungsbedürftig, der Käse ist super, hätte aber etwas mehr sein können und die Kartoffeln sind … naja, gekochte Kartoffeln mit Schale halt und ich bin zu faul zum Schälen.

Auf den letzten 300 Metern (das heißt hier bei meinem Tempo rund 10 min) habe ich doch etwas Kopfweh bekommen – ein erstes, soweit noch harmloses Symptom der Höhenkrankheit. Durch die dünne Luft verliert das Blut durch die Atmung viel CO2, sodass der pH-Wert des Blutes steigt, was wiederum Kopfschmerzen verursacht. Um dem entgegen zu wirken, versucht der Körper die entsprechende Base über den Urin auszuscheiden. Deswegen muss man viel pinkeln und sollte viel trinken.

Wir gehen früh um 20:00 Uhr ins Bett, ich schreibe noch den letzten Facebook-Bericht fertig und renne viermal aufs Klo, bevor ich um 21:00 Uhr versuche, einschlafen. Das stellt sich als mühsames Unterfangen heraus, was ich zunächst auf die Kopfschmerzen schiebe. Doch gegen Mitternacht bin ich schmerzfrei; liegt also wohl doch am harten Bett. Schließlich hole ich die Matratze des anderen (leeren) Bettes in meinem Zimmer rüber in mein Bett. Das hilft tatsächlich und ich ärgere mich zu Tode, dass ich das nicht schon früher gemacht habe.

Am nächsten Morgen sind die Wasserleitungen zugefroren, aber zum Glück haben die Guesthouse-Besitzer einen Bottich Wasser vor dem gefrieren bewahren können. Wir füllen unsere Trinkflaschen auf und ziehen los.

Wir wandern an zahllosen Yaks vorbei und stoßen schließlich auf einen wunderschön geschmückten Stupa; ein weiß gestrichenes Steintürmchen, das als Ort des Gebetes für Buddhisten dient. An diesem großen Stupa sind auch einige Gebetsmühlen angebracht. Ich drehe an einigen davon, auch wenn ich natürlich keine Ahnung hab, was für Gebete da draufstehen. Den Buddhisten muss das Beten ziemlich lästig sein; jedenfalls haben sie es mit allerlei Einfallsreichtum outgesourcet. Bunte, mit Gebeten beschriebene Fähnchen flattern im Wind und tragen die Gebete so zu den Göttern. Einmal an einer Gebetsmühle gedreht zählt als gebetet. Und wem selbst das zu anstrengend ist, der baut sich eine Gebetsmühle, die von Wasser angetrieben wird – wir laufen an mehreren dieser sich selbst drehenden Gebetsmühlen vorbei.

Nach drei Kilometern erreichen wir Kyanjin Gompa, eine kleine Ansammlung von Guesthouses. Wir suchen uns ein Guesthouse aus und leeren unsere Rucksäcke bis auf das nötigste: Einen Ersatzpulli, falls es kälter werden sollte, zwei Wasserflaschen, Wertsachen und das Erste-Hilfe-Set. Der Rucksack wiegt so fast nichts mehr. So nehmen wir den 4400 m hohen Kyanjin Ri in Angriff, eine kleine Bergspitze inmitten von Fünf- und Sechstausendern.

Auch ohne nennenswertes Gepäck ist der Aufstieg eine Qual. Dieser Weg ist nochmal steiler als alle bisherigen. Alle fünfzehn Meter halte ich kurz inne, verschnaufe, und zwinge mich dann zu weiteren Schritten. Mir tut nichts weh, ich bin nicht übermäßig aus der Puste und ich trage keine großen Lasten. Trotzdem komme ich nur in Zeitlupe voran. Vielleicht liegt es also einfach an der Höhe. Die Britin läuft mir davon. Doch nach einer Weile kann ich meinen Weg vor mir ein ganzes Stück weit einsehen, doch die Britin erkenne ich nicht. Vermutlich hat sie eine falsche Abzweigung erwischt.

Für die eineinhalb Kilometer und 440 Höhenmeter brauche ich eine Stunde und vierzig Minuten. Doch dann bin ich oben. Auf dem Gipfel flattern hunderte Gebetsfahnen im Wind. Der Weg hierauf war recht windgeschützt und lag in der prallen Sonne, aber hier oben fegt ein kalter Wind über den Gipfel. Ich ziehe meine Regenjacke, Mütze und Handschuhe an; in der winddichten Regenjacke ist es sofort angenehm warm.

Aus der Ferne taucht die Britin auf. Durch ihren Umweg habe ich es tatsächlich noch als erster auf den Gipfel geschafft. Der atemberaubende Ausblick scheint mich jedoch besser zu unterhalten als sie. Während sie bereits wieder zurück ins Dorf läuft, verbringe ich ganze zwei Stunden hier oben, genieße die Aussicht auf die schneeweißen Gipfel um mich herum, auf Gletscher und auf das Tal, das wir in den letzten beiden Tagen emporgeklettert sind. Ich versuche die Szene bestmöglich mit der Kamera einzufangen und spiele so lange mit dem Selbstauslöser und der Panorama-Funktion herum, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden bin.

Der mühsame Aufstieg hat sich definitiv gelohnt. Das Himalaya. Das höchste Gebirge der Welt. Es ist einfach fantastisch.



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