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Nach unserem längeren Zwischenstopp in Bukarest ging es mit dem Fahrrad weiter in Richtung der am Südostrand der Karpaten gelegenen Schlammvulkane von Berca. Wir zelten dort auf einem Campingplatz und am nächsten Morgen laufen wir die paarhundert Meter zu einer vielleicht 150 × 150 Meter großen Fläche getrockneten Schlamms, auf der überall Schlammlachen in Kratern vor sich hin blubbern.
Von dort aus geht es nach Osten: In Braila und Galati wollen wir einen letzten Blick auf die Donau werfen, an der wir uns seit Regensburg immer wieder entlanggehangelt haben. Um aus den Karpaten rauszukommen ist eine ordentliche Bergetappe mit drei Pässen und teils schlechten (Schotter-)Straßen nötig. Wir übernachten in Ramnicu Sarat, am Fuße der Berge, und danach wird es augenblicklich flach wie ein Tisch. Der Wind ist ein großes Thema auf der letzten Etappe der Reise: Meist kommt er nämlich von vorne und zerrt zermürbend an uns. Aber an manchen, wenigen Tagen kommt er tatsächlich auch von hinten und schiebt uns kräftig voran.
Am 14. September überqueren wir die Grenze nach Moldawien bei Galati. Und obwohl in Moldawien vor allem ethnische Rumänen leben und es auch immer wieder Bestrebungen gab, sich mit Rumänien zu vereinen: Es gibt doch sichtbare Unterschiede zwischen den beiden Ländern. Moldawien ist deutlich sowjetischer. Neben Mercedes-, MAN- und Volvo-LKW fahren auch viele Fabrikate des russischen Herstellers Kamaz und diese unterscheiden sich nicht nur durch das Logo. Sie sind kantiger, lauter, stinkender und bei Steigungen langsamer. Auch die Hotels, in denen wir zu erfreulichen Preisen übernachten, sind im Sowjetstil gehalten. Unglaublich hässliche Farben von den Badezimmern und Bettbezügen, winzige, alte Fernseher, Treppen mit variierenden Stufenhöhen, grüner Teppich.
Es gibt in Moldawien bedeutende russisch- sowie turksprachige Minderheiten (beide, im Gegensatz zur moldawisch-rumänischen Mehrheit, mit kyrillischem Alphabet). Erstere hat sich in einem kurzen Bürgerkrieg 1992 einen de-facto unabhängigen Staat Transnistrien im Osten Moldawiens erkämpft, der aber von keinem Staat der Welt anerkannt wird. Zweitere hat sich mit einer Region mit weitreichender innerer Autonomie namens Gagausien zufriedengegeben.
Wir übernachten in Taraclia und Comrat, der Hauptstadt Gagausiens, und die Leute hier sprechen in der Tat eher Russisch als Rumänisch und alles ist in Kyrillisch. Im Supermarkt läuft Radio und es wird als Special „Russki Musica“ angekündigt und schon trällert es los.
Seit gestern sind wir in Chisinau, einer kleinen, ruhigen, sehr grünen und nicht zuletzt billigen Stadt und damit wie geschaffen um uns ein letztes Mal vom Radfahren zu erholen.
Ein letztes Mal – nun, nicht für mich. Ich sage mir, ich kann nicht in Moldawien gewesen sein, ohne auch Transnistrien und dessen Hauptstadt Tiraspol gesehen zu haben. So viele stabile, friedliche de-facto Regime gibt es ja nicht auf der Welt. Ich hänge also alleine noch ein paar Tage dran, ehe auch ich nach Deutschland zurückkehren werde.
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